Das Wirken von Wilhelm Emmanuel von Ketteler

Willhelm Emmanuel von Ketteler war Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung und galt als Vorkämpfer des politischen Katholizismus für die Freiheit der Kirche und der christlichen Schule. Er erstrebte eine Sozialreform, die er in Auseinandersetzung mit liberalen und sozialistischen Lehren aus dem christlichen Glauben heraus forderte und vertrat als Reichstagsabgeordneter im beginnenden (1871) die Rechte der Kirche. Ketteler beeinflusste die Sozialpolitik des 19.Jahrhunderts durch seine Stellungnahme zu den sozialen Fragen, Arbeiterschaft und Jugendbildung, Organisation des katholischen Vereinswesens und durch seine Stellungnahme zu den sozialen Fragen.
Sein gesamtes Vermögen gab er für soziale Zwecke aus. Die Gedanken des "sozialen Bischofs" sind zum Ideengut aller christlichen geworden.
Seine Einstellung zum Staat war lange Zeit Vorbild für den deutschen Episkopat (= Bischof). Ketteler war die populärste Gestalt des deutschen Katholizismus im 19. Jahrhunderts. Er ist der Gründer der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung und auch das 1891 angenommene Arbeiterschutzgesetz ist sein Verdienst.
Weiterhin setzte sich von Ketteler sich für die Autonomie und Macht der katholischen Kirche ein und war erklärter Gegner der Trennung von Staat und Kirche was ihn zum Widersacher Bismarcks im Kulturkampf machte. Ketteler wollte, dass philosophische Vorstellungen geachtete werden; sprach sich aber gleichzeitig für die Ablehnung von Sozialismus, Kommunismus, Nationalismus und Liberalismus aus.
Unter dem Einfluss von Adolph Kolping erkannte er die Bedeutung der sozialen Frage und bereitete die Hinwendung der katholischen Kirche zur Sozialtätigkeit zum Wohle der Arbeiterschaft vor, welche schließlich von Papst Leo XIII. vollzogen wurde. Er gilt damit als Mitbegründer der katholischen Soziallehre und erhielt den Beinamen „Arbeiterbischof“.

Foto: Papst Leo XIII


Der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler hatte ein vielfältiges Wirken erzielt, dadurch dass er in seinem Denken und seinen politsichen Standpunkten viele Wandlungen zeigte. Dies kann als Reaktion auf die sich veränderten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lagen im Laufe seines Lebens gesehen werden. Beeindruckend war Freiherr von Ketteler auch durch seinen persönlichen Lebensstil, in welchen er seine oft gepredigten Tugenden umzusetzen versuchte. Ketteler ist als „sozialer Bischof“ bekannt geworden. Denn im Katholizismus des 19. Jahrhunderts gab es nur sehr wenige Personen die versucht haben die „soziale Frage“ zu behandeln. Somit wird Kettelers handeln oft nur auf die „soziale Frage“ beschränkt. Denn Ketteler legte die Grundgedanken für einen „sozialen Katholizismus“. Somit hatte er eine starke Bedeutung und Stellung für die katholische Sozialbewegung, denn Ketteler schaffte es zum Beispiel eine Tradition vom 19 zum 20. Jahrhundert zu entwickeln, die aktuell war und Probleme der Zeit bewerkstelligte. Außerdem trug er dazu bei, dass im katholischen Volksteil seiner Zeit die „soziale Frage“ popularisiert wurde. Die soziale Frage stellt für Ketteler ein Thema dar, das völlig in die Religions-und Glaubensfrage eingebunden werden musste. Bedeutend dafür waren seine sechs Adventspredigten, welche eine starke Wirkung auf die katholische Kirche hatte, so dass diese sich mit den Problem der „sozialen Frage“ auseinander zusetzten begann. Und in seinem politischen Wirken versuchte er zu zeigen, dass die Anhänger des Christentums und der katholischen Kirche gegenüber dem Kommunismus, Liberalismus, Rationalismus und Protestantismus auf der richtigen Seite stehen. Er setzte sich somit auch gegen die Trennung von Staat und Kirche ein. Denn Ketteler sah als Heilmittel gegen die soziale Frage das Bündnis zwischen Fabrikanten und Geistlichen. Diese Aussage wurde auch in seiner Schrift „Die Arbeiterfrage und das Christentum“ von 1864 verdeutlicht, denn dort will er die „Arbeiterfrage“ mit Hilfe der Christianisierung lösen. Diese Schrift war nicht nur für politisch, soziale Ansichten
entscheidend, sondern trug auch dazu bei, dass die „Arbeiterfrage“ in der katholischen Kirche überhaupt wahrgenommen wurde. Insgesamt propagierte er die Lösung der sozialen Frage durch die Schaffung von Reformen der Gesellschaftsordnungen, die über die Ordnungen der Wirtschaft stehen. Er sprach sich also für gesellschaftspolitische Maßnahmen aus, die die Lage der Arbeiter verbessert. Seine Forderungen an Staat und Wirtschaft konzentrierten sich auf Maßnahmen zum Arbeiterschutz, und zwar auf die Zahlung eines gerechten Lohnes, die Verkürzung der Arbeitszeit, die Gewährung von Ruhetagen, das Verbot der Kinderarbeit, die Abschaffung der Fabrikarbeit von Müttern und jungen Mädchen. Den Staat machte er mitverantwortlich für die soziale Verelendung, weil dieser die liberalistische Wirtschaftsordnung duldete. Deshalb sprach er sich für staatliche Eingriffe und die Bildung von Gewerkschaften aus. Aus diesen Gedanken entstand die bis heute noch wichtigste Wirtschaftstheorie, die Marktwirtschaft. Sein wohl größtes politisches Wirken wurde durch die Gründung der Zentrumspartei 1971 mit Ludwig Windthorst erreicht. Sie sollte ein Gegengewicht zu den protestantischen Parteien und besonders zu Otto von Bismarck sein. Die Partei war Vertreter der Katholiken im Parlament. Somit war auch deren Hauptanliegen die Selbstständigkeit der katholischen Kirche und die Interessen der katholischen Bevölkerung zu vertreten. Über diese Partei konnten die Katholiken wesentlich auf die Sozialgesetzgebungen des Kaiserreich einwirken. Ketteler wirkte zudem als Abgeordneter (1871) im deutschen Reichstag mit und versuchte dort den Kulturkampf zu verhindern. Ketteler hatte aber nicht nur Wirkung auf den „sozial Katholizismus“, sondern er setzte sich auch gegen die Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes ein. 1970 verließ er sogar das Erste Vatikanische Konzil. Zudem refomierte er die Priesterausbildung. Weitere Verdienste von Ketteler waren die Gründung der "Genossenschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung für Schule und Krankenpflege" 1851. Zudem baute er die katholische Bekenntnisschule und das Schul- und Krankenwesen aus.Unermüdlich im Dienste seiner Kirche und der Seelsorge wurde Freiherr von Ketteler zum Symbol des um die Selbstbehauptung kämpfenden deutschen Katholizismus.

Wirkungsgeschichte:
  • auf Kettelers Initiative wurde seit 1867 die Fuldaer Bischofskonferenz zur ständigen Einrichtung
  • Arbeiterschutzgesetz
  • Entfaltung des Siedlungswerks
  • Wiedereröffnung des Priesterseminars
  • Einführung von Bruderschaften und katholischen Vereinen
  • bedeutendster Initiator kath. Sozialpolitik
  • Wegbereiter des 2. Vatikanischen Konzils durch sein Eintreten für Religionsfreiheit und für das Miteinander von Primat (oberste Kirchengewalt) und Episkopat (Gesamtheit der Bischöfe)
  • Einwirkung auf das sozial-gesellschaftliche und politische Geschehen seiner Zeit
  • "Arbeiterbischof"
  • Beitrag zur Lösung der "sozialen Frage"
  • markanteste und populärste Gestalt des deutschen Katholizismus - Leben und Wirken auf das engste mit Reformbewegungen verknüpft
  • Ketteler ist der einzige Bischof des 19. Jahunderts, der priesterliche Volkstümlichkeit, auch im Sinne geschichtlicher Dauer gewonnen hat